Früher gab es in Unkersdorf bei Dresden über 10 Landwirte. Jetzt ist es nur noch einer. Ährenwort-Bauer Steffen Irmer von der Irmer GbR wurde seine Berufung für diese Arbeit in die Wiege gelegt.
Wer nach Dresden Unkersdorf reisen möchte, erlebt ein kleines Abenteuer. Busse kommen nur sporadisch und in der Regel unpünktlich. Aber einmal im westlichsten Stadtteil der Stadt angekommen, erwartet Besucher ein idyllisches Dörfchen, das von der Landwirtschaft geprägt ist. Etliche Mehrseithöfe deuten an, wie es hier wohl vor über 100 Jahren ausgesehen haben könnte. Doch mittlerweile existiert in Unkersdorf nur noch ein Landwirt. Genauer die Irmer GbR, die von Steffen Irmer und seiner Schwester betrieben wird.
Irmer GbR: Ein klassischer Betrieb
Die Irmer GbR hat ihren Sitz in einem kleinen, hübschen Dreiseithof. Hinter diesem befindet sich eine vor ein paar Jahren gebaute Scheune, in der unter anderem ein Mähdrescher und ein Traktor steht. Alles wirkt sauber und aufgeräumt. Und die Kühe ganz in der Nähe grasen zufrieden auf einer schönen Wiese. Steffen Irmer ist Betriebsleiter und einer der beiden Chefs des Unternehmens. Das ist auf Ackerbau fokussiert: „Wir produzieren Weizen für die Dresdener Mühle, bauen aber auch Wintergerste, Raps, Körnermais und Zuckerrüben auf insgesamt rund 450 Hektar an“, so der 56-Jährige. 25 Mutterkühe und ihre Kälber verbringen auf 35 Hektar Wiese und Weide den Tag.
Wie kamen Steffen Irmer und seine Schwester dazu, ihren Lebensunterhalt als Landwirte bestreiten zu wollen? Steffen Irmer erzählt: „Der Hof hat schon immer unserer Familie gehört. Aufgrund der Gründung der LPG und Zwangskollektivierung 1960 war ein selbständiges Wirtschaften nicht mehr möglich. Nach der Wende entschied sich mein Vater, wieder eigenständiger Landwirt zu werden. Dabei ist er geblieben. Seit 1996 bin ich in der GbR dabei, 2003 übergab mein Vater seinen Anteil an meine Schwester und mich.“
Aus Überzeugung Landwirt
Die Geschichte beginnt eigentlich noch viel früher. Im nostalgisch-gemütlichen Büro der Irmer GbR hängt ein altes Foto mit dem Großvater von Steffen Irmer: „Er betrieb hier schon 1935 mit Pferden Landwirtschaft.“ Seit vielen Jahrzehnten spielt die Landwirtschaft eine Rolle in der Familie. Steffen Irmer weiter: „Ich habe das quasi schon als Kind gemacht. Mit 10 Jahren hatte ich viel mit Tieren zu tun, zu DDR-Zeiten arbeitete ich bei der LPG. Das ist irgendwann so gewachsen. Man bekommt das vererbt – das Gefühl für die Arbeit. Und dann macht man das auch gerne. Es ist am Schluss nicht entscheidend, ob man das Maximum verdient, sondern die Arbeit muss Spaß machen. Ja, ich bin auf jeden Fall aus Überzeugung Landwirt.“
Zu dieser Überzeugung gehört allerdings mehr. Um Landwirt zu sein, braucht man auch einen „hohen Anteil an Eigenorganisation, Eigendisziplin und Selbstkritik“, so Steffen Irmer. Und zweifelsohne verlangt es eine gewisse Portion Begeisterung für das, was man Jahr für Jahr macht. Auf die Frage, was Steffen Irmer am meisten Freude bereitet, findet er schnell eine Antwort: „Das Frühjahr mag ich besonders. In dieser Zeit entwickeln sich die Pflanzen bis zur Reife. Bis Mitte Juni ist die Ertragsbildung abgeschlossen, dann dauert es vier bis sechs Wochen, bis das Getreide reif ist. Diese Zeit bis dahin ist mir am liebsten. Es ist immer wieder erstaunlich, was da passiert. Ich bin kein Biologe, aber diese biologischen Zusammenhänge und die Aspekte der Zellteilung – da denke ich mir manchmal: Das ist der Wahnsinn, wie das funktioniert.“
Und was ist mit dem Sommer und der Ernte? „Die mag ich auch, aber ich bin auch froh, wenn sie vorbei ist“, sagt Steffen Irmer lachend.
Herausforderungen für die Irmer GbR
Von der Arbeit kann Steffen Irmer nicht nur schwärmen. Sie stellt nicht nur ihn immer wieder vor neue Herausforderungen. Politik und Landwirte sollten sich seiner Meinung nach intensiver mit der Nitratbelastung des Bodens auseinandersetzen. Und auch über den Wegfall von Wirkstoffen im Bereich der Pflanzenschutzmittel müsse diskutiert werden. Steffen Irmer: „Wenn es um eine gute Ernte gehen soll, kann man nicht einfach alles dem Zufall überlassen. Durch eine optimale Nährstoffversorgung und zum Beispiel Pilzbekämpfungsmittel können heute bis zu 10 Tonnen Weizen auf der gleichen Fläche geerntet werden, wo der Ertrag 1950 bei 5 Tonnen lag.“
Auf Qualität achten
Und natürlich ist es aufwändig, dafür Sorge zu tragen, stets qualitativ hochwertiges Getreide zu produzieren. Steffen Irmer besucht unter anderem Getreide-Feldtage, um sich über neue Getreidesorten zu informieren. Auch berücksichtigt er die Empfehlungen der Saalemühle + Dresdener Mühle. Als Ährenwort-Landwirt verpflichtet er sich ohnehin zu einer bedarfsgerechten Düngung und zu einem optimalen Schutz der Pflanzen. „Das ist für mich als Landwirt ein hoher Anspruch, denn man hat eine sehr hohe Qualitätsstufe, die ich auch erreichen muss.“
Zugleich achtet die Irmer GbR auf den Naturschutz: 2020 gibt’s zwei Blühflächen für mehr Biodiversität in der Gegend um Unkersdorf. Seit 20 Jahren wird ein pflugloser Ackerbau betrieben und die eigenen Kühe fressen das Gras auf alten Streuobstwiesen ab. Für die Stadt Dresden stellt das Unternehmen ferner Flächen zum Bepflanzen von Bäumen mit alten Obstsorten zur Verfügung.
Was bringt die Zukunft?
Für die Irmer GbR gibt’s eine Menge zu tun, auch weil der Betrieb als Dienstleister für andere Landwirte tätig ist. Und: Steffen Irmer denkt langsam über den Ruhestand nach. Sein Auszubildender könnte in 10 Jahren seine Nachfolge antreten. Bis dahin werden noch viele, viele Tonnen Getreide aus Unkersdorf zur Dresdener Mühle gelangen.
Aber was bedeutet Ährenwort eigentlich für ihn? „Ährenwort heißt für mich, dass man mit Ehrlichkeit Entscheidungen trifft, sich an Vorgaben und gesetzliche Regeln hält – als Selbstverpflichtung. Die Partner können sich gegenseitig trauen und in die Augen gucken. Es wird mit offenen Karten gespielt und auf eine hohe Qualität geachtet.“, meint Steffen Irmer. Beim Qualitäts-Programm Ährenwort ist die Irmer GbR seit den 1990er Jahren dabei – und warum sollte sich daran etwas ändern? Steffen Irmer ist zufrieden mit der Zusammenarbeit. Und das merkt man ihm an.
Herr Irmer, wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg mit Ihrem Unternehmen und stets eine gute Ernte.
Informationen zum Autor
Sven Wernicke
Blogger
Sven Wernicke ist freiberuflich für diverse Blogs und Onlinemagazine tätig. Bei Ährenwort beschäftigt er sich mit den spannenden Facetten des Qualitätsprogramms.