Am Dresdner Elbhang kennt und schätzt jeder die Bäckerei Wippler. Warum? Weil sich das Familienunternehmen in der vierten Generation seit jeher treu bleibt.
Als Max Wippler 1910 im Dresdner Stadtteil Striesen in der Schumannstraße seine Bäckerei gründete, hätte er sich vermutlich nicht träumen lassen, was sein Urenkel Andreas Wippler gemeinsam mit Vater Michael Wippler über 100 Jahre später aus dem kleinen Geschäft machen würden. Geblieben ist die Familientradition, die auch in der vierten Generation gepflegt und gelebt wird. Aber aus der damals überschaubaren Bäckerei Wippler ist längst ein mittelgroßer Handwerksbetrieb geworden, der klassische Werte mit den heutigen Möglichkeiten und Trends verbindet.
Nachdem der Pachtvertrag in Striesen endete, übernahm Urgroßvater Max 1919 in Dresden Hosterwitz eine Bäckerei und eröffnete diese neu. Im Zweiten Weltkrieg fiel sie einem Bombenangriff zum Opfer. Dabei starb auch die Frau von Max Wippler. Ein Jahr nach dem tragischen Schicksalsschlag machte Max weiter.
So kam es zur Backwirtschaft der Bäckerei Wippler
Andreas Wippler, der heute mit seinem Vater das Unternehmen führt, kennt die eigene Familiengeschichte gut. Seit 20 Jahren ist er als Bäckermeister im Betrieb dabei und weiß genau, dass hin und wieder verändernde Entscheidungen getroffen werden müssen: „2008 hat sich die gesamte Familie die Frage gestellt: Wie können wir die Bäckerei weiterentwickeln?“, so der 42-Jährige. Denn die damalige Hauptzentrale auf der Dresdener Straße in Hosterwitz platzte im wahrsten Sinne des Wortes aus allen Nähten. Andreas Wippler weiter: „Wir wollten nicht in irgendein Industriegebiet ziehen, sondern am Elbhang und in der Nähe unserer Kunden bleiben. Das war uns wichtig. Und ein Großbetrieb, der mit LKWs Waren zu seinen Läden liefert, wollten wir auch nicht sein.“
Vielleicht war es glückliche Fügung, vielleicht Schicksal, vielleicht der rechte Zeitpunkt – es ergab sich die Chance, ein Grundstück unweit des Schlossparks Pillnitz zu erwerben. Aus dem wurde nach dem Ausbau eines Mehrseithof das neue Herz der Bäckerei Wippler. Andreas Wippler dazu: „Rückblickend auf mittlerweile 11 ½ Jahre war das eine absolut richtige Entscheidung. Wir hätten nie gedacht, dass sich das alles so gut entwickelt. Jetzt sind wir durch unsere Backwirtschaft zwar schon halbe Gastronomen, aber so entwickelt sich das Handwerk auch fortlaufend weiter.“
Traditionelles Handwerk trifft auf modernes Unternehmen
Fortschritt und Expansion sind manchmal dringend nötig, um auch für die Zukunft gewappnet zu sein. Man möchte schließlich langfristig den mittlerweile knapp 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Perspektive geben können. Und für Andreas Wippler ist auch klar: Eine moderne Unternehmensführung schließt ein klassisches Handwerk nicht aus. Ganz im Gegenteil. „Uns ist es ganz wichtig, dass wir die Rezepturen aus den vergangenen Generationen mit ihrer traditionellen Herstellungsweise weiterverfolgen, entwickeln und zelebrieren. Unsere Produkte aus der Backstube, der Konditorei, der Küche und der Eisproduktion sind frei von Fertigmitteln und Convidience-Inhaltsstoffen. Wir achten sehr darauf, dass alles handwerklich hergestellt wird und schmeckt“, betont der junge Chef.
Obwohl die Bäckerei Wippler über Dresden Hosterwitz hinaus bekannt ist, ist sie nur in der nahen Umgebung zwischen Pillnitz und Loschwitz mit besagter Backwirtschaft, drei Verkaufsstellen und dem Café Wippler unweit des Blauen Wunders vertreten. „Bewusst verkaufen wir nicht noch an anderen Orten, zum Beispiel im Stadtzentrum. Wir sehen uns hier als Grundversorger und verstehen uns als Handwerker. So bringen wir uns in die Gemeinschaft ein, unterstützen Projekte vor der Haustür und werden entsprechend von der Kundschaft wahrgenommen. Wir möchten auch etwas zurückgeben an diejenigen, die jeden Tag zu uns kommen und unsere Backwaren kaufen.“
Zufriedene Kunden und Stolz auf Prinzipien
Doch es ist nicht nur das. Andreas Wippler ergänzt: „Wir sind sehr stolz darauf, dass die Leute unsere Arbeit schätzen. Wir sind authentisch, ehrlich, bodenständig – das sind unsere inneren Werte. Ich denke und hoffe, dass wir auch so von unseren Kunden wahrgenommen werden.“ Letztlich ist es die Qualität der Backwaren, die zählt. „Ich schätze, das ist auch unseren Prinzipien zu verdanken, denen wir treu geblieben sind. Also traditionelle Herstellungsweise und gut ausgebildete Mitarbeiter. Das ist heutzutage nicht unbedingt selbstverständlich. Wir können uns das aber gar nicht anders vorstellen.“
Nicht nur die moderne Backwirtschaft, die tagtäglich auch sehr viele Touristen in die Bäckerei Wippler lockt, zeigt deutlich den Blick in die Zukunft. „Wir sprechen schon über die nächsten Schritte und haben bereits ein Konzept in der Schublade“, verrät der Bäckermeister. Schon vor einigen Jahren begann der Betrieb das handwerkliche Herstellen glutenfreier Backwaren. Mittlerweile kommen Menschen mit Unverträglichkeiten weit angereist, um diese zu erwerben. Genauso reagiert Bäckerei Wippler schnell auf Trends. Brote und Brötchen aus Urgetreide wie Dinkel und Emmer befinden sich längst im Sortiment. Nicht unerwähnt bleiben sollten ganz besondere, unvergleichbare Produkte wie das gemeinsam mit Winzern kreierte Winzerbrot oder das Pillnitzer Heukammerbrot. Und die Eierschecke. Ja, die ist stadtbekannt. Das verwendete Ährenwort-Mehl stammt übrigens – wie kann es anders sein – aus der Region.
Sich mit der Heimat verbunden fühlen, die eigenen Werte bewahren, das Handwerk ehren und sich dabei weiterentwickeln – all das steht nicht im Widerspruch zueinander. Bäckerei Wippler ist auch nach 110 Jahren ein traditionsbewusstes Familienunternehmen. Und das schmeckt man.
Informationen zum Autor
Sven Wernicke
Blogger
Sven Wernicke ist freiberuflich für diverse Blogs und Onlinemagazine tätig. Bei Ährenwort beschäftigt er sich mit den spannenden Facetten des Qualitätsprogramms.