„Stillstand ist Rückschritt.“ Wer die Geschichte der Familie Claus kennt, weiß: Das ist nicht einfach eine Phrase, sondern ein Lebensmotto, ohne das der Bäckereibetrieb heute keine 70 Mitarbeiter beschäftigen würde.
Es ist schon erstaunlich, was Steffi und Lutz Claus innerhalb von 35 Jahren geschaffen haben. Aus ihrer kleinen Bäckerei in der Coswiger Genossenschaftsstraße ist längst ein mittelständisches Unternehmen geworden, das ihr gemeinsamer Sohn Lukas später einmal übernehmen wird. Das Herz der Bäckerei Claus ist die prächtige Produktionsstätte in Neusörnewitz, die erst 2019 fertiggestellt wurde. Hier werden nicht nur sämtliche Backwaren für die sieben Filialen in Coswig und Dresden hergestellt, Gäste erwartet auch eine attraktive Schaubäckerei mit einem schicken, gemütlichen Café-Bereich.
Die Chance genutzt
Lutz Claus lernte den Beruf von der Pike auf. Bereits in Kindheitstagen wurde er „in der Backstube hin und her geschubst“, wie er scherzend meint. Sein Vater führte eine Bäckerei in Geithain bei Leipzig – es war also völlig klar, dass er Bäckermeister werden musste, damit er den Betrieb später übernehmen kann. Doch als Lutz Claus die Meisterschule verließ, war sein Vater noch zu jung für den Ruhestand. Und so ging er nach Coswig, um erst einmal für 10 Jahre eine Bäckerei zu pachten, zu führen und Erfahrungen zu sammeln. Dann kam die Wende und er blieb mit seiner Familie in dem Städtchen zwischen Dresden und Meißen. Sein Bruder dagegen kümmert sich seitdem um die väterliche Bäckerei – natürlich mit dem gleichen Namen. Er ist übrigens auch ein Ährenwort-Bäcker.
Steffi Claus, die Frau an Lutz‘ Seite, ist davon überzeugt: Alles hätte auch anders kommen können. Vor der Gründung der Bäckerei Claus 1985 hatten beide zusammen Ideen, sogar etwas komplett anderes zu machen. Nach der Wiedervereinigung ergaben sich viele Möglichkeiten, sich neu zu orientieren. Doch die Chance, eine alte Coswiger Bäckerei zu kaufen, ließen sie sich nicht nehmen. Und sicher gehörte eine große Portion Mut dazu, diesen Schritt zu wagen.
„Wenn, dann nur vorwärts!“
Nach 25 Jahren platzte dieses alte Hauptgeschäft aus allen Nähten, es gab keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr. Es mussten große Entscheidungen für die Zukunft getroffen werden. Gemeinsam beschloss die Familie: Bäckerei Claus braucht einen neuen Ort für die Produktion. Vielleicht zögerten die Eltern zu Beginn, doch Lukas meinte damals schon: „Wenn, dann nur vorwärts!“. Und so kam es dann auch…
Wer durch die Räumlichkeiten der neuen Produktionsstätte geht, entdeckt schnell die sehr moderne Backstube, in die Gäste des Cafés jederzeit blicken dürfen. Bei einem morgendlichen Frühstück in Neusörnewitz kann man also das emsige Treiben beobachten und sozusagen live dabei sein, wie die nächsten Brote, Brötchen oder Kuchen entstehen. Mit etwas Glück sieht man auch Lukas Claus bei der Arbeit. Er stieß 2014 zum Familienbetrieb, nachdem er bei Bäckerei Wippler am Dresdner Elbhang seine Ausbildung abschloss. Bei etlichen Bäckern deutschlandweit sammelte er Erfahrungen und machte 2017 seinen Meister. Aber auch bei Lukas hätte die Karriere eine andere Richtung einschlagen können: „In meiner Jugend hatte ich viele, viele andere Dinge im Kopf. Alles außer Arbeiten, aber es kam dann irgendwann. Ich wurde nicht dazu gezwungen, ich habe mich aber letztlich für den Bäckerberuf entschieden.“ Seine Mutter fügt lachend hinzu: „Wir waren gerade im Urlaub, da rief Lukas an und sagte: ‚Ich möchte Bäcker werden.‘. Wir wussten gar nicht, wie uns geschieht. Im Vorfeld hatte er nichts dergleichen angedeutet. Und dann sowas…“
Auch bei Bäckerei Claus trifft man mal falsche Entscheidungen
Es ist aber keineswegs so, als würde Familie Claus nie etwas falsch machen, auch wenn der Schritt zur neuen Hauptzentrale mit der kostspieligen Backstube zweifelsohne der richtige war. Für Steffi Claus ist eines entscheidender: „Ich denke, man muss eine klare Zielvorstellung haben und auf diese zuarbeiten. Ansonsten verzettelt man sich, ist dann plötzlich 40 Jahre alt und hat noch immer keinen richtigen Weg gefunden.“ Als Selbständige sind sie in Bewegung, aber gestehen sich Fehler ein. Und sie nehmen Risiken in Kauf, wie Lutz Claus ergänzt: „Viele haben Angst vor Veränderung, vor Investitionen und vor dem Scheitern. Aber das gehört zum Geschäft heute dazu – wir müssen auch mal riskante Entscheidungen treffen. Und wenn was schiefläuft, müssen wir das ebenfalls meistern. Wir als Familienunternehmen tragen das volle Risiko, was viele heutzutage gar nicht mehr bereit sind, einzugehen.“
Steffi weiter: „Erfolg hat drei Buchstaben: T U N. Entweder ich mach’s oder ich lass es. Ich kann auch erst abwägen, ob ich hier vielleicht, eventuell und dann doch lieber nicht. Eh ich die Entscheidung dann gefällt habe, ist es schon zu spät. Dabei lohnt es sich, einfach mal zu machen und zu probieren.“
Die Tradition bewahren und Trends setzen
Wenn es um die eigene Arbeit und das Unternehmen geht, spürt man sofort die Energie, Leidenschaft und Motivation der Familie Claus. Aber es geht nicht einfach nur ums Geschäft. Trotz leistungsstarker, effizienter und großer Maschinen in der Backstube wird das traditionsreiche Bäckerhandwerk geschätzt, geehrt, gelebt. Lutz Claus betont: „Wir sind kein Betrieb, der jedes Jahr zwei Filialen eröffnen möchte. Es ist nicht unsere Strategie, immer weiter zu wachsen. Wir möchten auch in der breiten Öffentlichkeit das Handwerk widerspiegeln und nicht als Industriebetrieb wahrgenommen werden.“ Lukas weiter: „Das Handwerk darf auf keinen Fall verloren gehen.“
„Die Tradition des Backens muss erhalten bleiben – da legen wir größten Wert drauf. Aber die Vermarktung des Backens hat sich total geändert“, so Lutz Claus. Kunden wünschen sich mehr Abwechslung, Gastronomie und Service als vor 35 Jahren. Steffi Claus weiter: „Omas altes Kuchenrezept liegt uns genauso am Herzen wie ein gutes Frühstück. Diesen Spagat zu schaffen, unsere Produkte zu veredeln, alte Rezepturen beizubehalten – das ist eine große Herausforderung. Aber wir möchten Trends setzen, statt ihnen hinterher zu laufen.“ Außergewöhnliche Frühstücksangebote, Buffets oder gar kreative Knödel und Burger zum Mittag gesellen sich zu den hauseigenen Backwaren-Klassikern wie zum Beispiel dem „Alten Fritz“. Das ist ein Dinkel-Roggen-Mischbrot. Und nicht zu vergessen: Bäckerei Claus ist experimentierfreudig, wie das Hanfbrot und das neue Steinofenbrot beweisen.
Arbeit verändert sich
Wenn Steffi Claus von „Stillstand ist Rückschritt“ spricht, dann meint sie damit einen Teil ihrer Unternehmensphilosophie. Bäckerei Claus veränderte und entwickelte sich die vergangenen Jahre – und das ist auch gut so. Hier treffen traditionelles Handwerk auf innovative Ideen. Zwar ist die Arbeit nicht mehr die gleiche wie vor 35 Jahren, doch der Erfolg gibt der Familie recht. Manchmal gehört Mut dazu, um sich zu entwickeln, zu verbessern und auch über sich hinaus zu wachsen. Nur so kann man den sich stets ändernden Ansprüchen der Kundschaft gerecht werden. Und Bäckerei Claus ist das beste Beispiel dafür, dass sich Risikobereitschaft auszahlt.
Wir wünschen unserer Ährenwort-Bäckerei Claus weiterhin gutes Gelingen für die Zukunft! Weitere Details finden sich auf der offiziellen Webseite.
Informationen zum Autor
Sven Wernicke
Blogger
Sven Wernicke ist freiberuflich für diverse Blogs und Onlinemagazine tätig. Bei Ährenwort beschäftigt er sich mit den spannenden Facetten des Qualitätsprogramms.